Träume & Räume
GAST-BEITRAG von Petra Cyganiak
Warum es sich lohnt, einen Blick auf die „Innenräume“ zu werfen – die Räume in den Träumen
„Seit Jahren träume ich ein ähnliches Szenario:
Ich ziehe in eine neue Wohnung, doch diese ist immer staubig, mit kaputten Möbeln,
irgendwie alt und baufällig …“
Dieser Beginn eines sich wiederholenden Albtraumes ist ein beredtes Beispiel für den Zusammenhang zwischen Räumen und Träumen.
Fast alle Traumgeschichten beginnen mit einem Raum
Spannend ist, dass die meisten Träume typischerweise so wie dieser Albtraum mit der Benennung oder gar Beschreibung des Traumortes beginnen:
Ich bin zu Hause. Oder: Ich bin in einem alten Haus, in meinem Kinderzimmer, im Haus meiner Lieblingstante, in der Wohnung vom Ex, auf dem Dachboden meines Elternhauses, in der Aula meiner ersten Schule, in einem neuen Büro, in einem Hotelzimmer, …
Diese Aufzählung könnte man unendlich fortsetzen. Sprich, wenn wir im Traum nicht gerade draußen oder in anderen Welten unterwegs sind, ist der Traumbeginn dadurch gekennzeichnet, dass man sich in einem Raum befindet, den man oft sogar konkret benennt.
Und interessant ist, dass ein Träumer unglaublich viel über sich selbst erfahren kann, wenn er dem Traumraum auf die Spur kommt, indem er dessen Bedeutung ergründet.
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Traumorte sind ehrlich
Denn der Traumraum sagt viel über uns aus, über unsere innere Verfassung, über unsere innere Ordnung, über unsere Lebenszufriedenheit, ja manchmal sogar über unsere Gesundheit und über unsere Ausrichtung im Leben allgemein oder in einer konkreten Situation.
Da Träume wahrhaftig sind, spiegeln die Räume im Traum unsere Befindlichkeit ehrlicher wider als die Gegebenheiten in den realen Räumen, in denen wir uns im Leben befinden und bewegen. Denn real verfolgen wir bewusst vielleicht ein bestimmtes Wohn- oder Ordnungskonzept, unterwerfen uns der gängigen Mode, bevorzugen ein Design, weil es angesagt ist oder weil wir uns damit von anderen abheben wollen. Natürlich sagen auch solche Vorlieben, Konzepte oder Zwänge viel über uns aus.
Doch die Räume in den Träumen spiegeln etwas, das uns im tiefsten Innern wirklich, aber unbewusst ausmacht, manchmal in einer konkreten Situation, mitunter bezogen auf das ganze Leben. Was wir durch die Räume in den Träumen erfahren, wenn wir genau hinschauen und wenn wir bereit sind, dem Fingerzeig der Seele zu folgen, ist eine oft unbewusste Wahrheit und diese ist unbestechlich. Man benötigt schon ein wenig Mut, wenn die Traumbilder keine perfekte Behausung, sondern wie eingangs beschrieben eine unangenehme Situation aufzeigen: Unordnung, Chaos, Veraltetes, Unpassendes, Reparaturbedürftiges.
All dies sind Sinnbilder, nicht für die realen Wohnverhältnisse, sondern für unsere inneren Befindlichkeiten im realen Leben. Mit offenen Augen betrachtet können Traumaussagen zu den Räumen somit zu einer wesentlichen Erkenntnis führen. Sie bahnen den Weg für einen ersten Schritt hin zum inneren Wandel, hin zum Aufräumen im Inneren, was dann bestenfalls zu mehr Lebenszufriedenheit und -erfolg führen kann. Doch wie gesagt: Voraussetzung ist, bereit zu sein, sich diese Wahrheit anzuschauen, die unangenehmen Bilder nicht gleich wieder wegzudrücken und sie damit wieder ins Unbewusste versinken zu lassen. Sondern den Mut zu haben, ihrer Aufforderung zu innerer Wahrhaftigkeit zu folgen, bereit zu sein, sich für eine Botschaft zu öffnen, die bisher noch nicht gesehen werden konnte oder wollte.
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Die symbolische Bedeutung von Traumräumen
Traumkundige wissen aus der Erfahrung heraus um die symbolische Bedeutung bestimmter Räume. Damit kann man das Thema, um das es im Traum geht, oft gleich deutlich eingrenzen. Einige konkrete und leicht nachvollziehbare Beispiele mögen das belegen:
- Das Zuhause im Traum ist ein Symbol für unser inneres Zuhause, mit anderen Worten – ein Bild für die innere Heimat, für unser seelisches Wohlsein. Dies ist also ein Traumort, der Wesentliches über unser momentanes Seelenbefinden aussagt bzw. bildhaft zeigt.
- Der Arbeitsort im Traum zeigt, woran, wie oder mit wem wir arbeiten, womit innere Prozesse gemeint sind, an denen wir werkeln, nicht der reale Job selbst. Unser tatsächlicher Arbeitsort gibt eventuell eine Vorlage für den Traum, doch dann gilt es, hinzuschauen, welche innere Arbeit gemeint sein kann, mit der wir gerade beschäftigt sind.
- Das Elternhaus und das Kinderzimmer bringen uns im Traum zurück in frühere dort gemachte Erfahrungen, die noch einmal unter die Lupe genommen werden wollen, meist im Kontext einer aktuell erlebten Situation.
- Schule und Uni im Traum zeigen uns eine Lernaufgabe, der wir uns unabhängig von unserem Alter (!) stellen müssen. Zusätzlich können sie bei der Aufarbeitung alter Geschichten in diesen Lehranstalten helfen.
- Ein Flur im Traum steht symbolisch für eine Übergangssituation, in der wir uns befinden oder bewegen, während wir innerlich unterwegs zu einem (neuen) Ziel sind.
- Ein Hotelzimmer im Traum – ist das für dich als Träumer eher eine Urlaubssituation oder ist es ein Arbeitsaufenthalt? Jedenfalls steht das Traumerlebnis im Hotel für eine Sache, mit der wir temporär, vorübergehend gerade befasst sind, denn kaum einer wohnt sein Leben lang in einem solchen Domizil.
- Der Ferienort im Traum zeigt einen inneren Entspannungsraum an, also etwas, das unserer Erholung förderlich ist oder sein könnte. Erfahrungsgemäß bekommen wir an solchen Orten im Traum oft gezeigt, wie wir gehindert werden, innere Ruhe zu finden.
- Im Traum im Hochhaus zu wohnen, sagt etwas über die aktuellen Bewusstseinsprozesse aus, zeigt eventuell eine kreative Phase mit hochfliegenden neuen Ideen an. In der negativen Ausprägung könnte es eine Warnung sein vor einer Verstiegenheit, hochhinaus zu wollen und dabei die Bodenhaftung zu verlieren.
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Räume in der Spannung zwischen Traum und Wirklichkeit
Träumerinnen und Träumer wundern sich oft über den Zustand der Traumräume. Die Diskrepanz zwischen Traum und Wirklichkeit kann in dem Fall ein wichtiger Hinweis für die Ambivalenz sein, die ein Traum uns bewusst machen will.
Was hat es zu bedeuten, dass meine Traumbehausung anders als in Wirklichkeit völlig heruntergekommen ist? Warum zeigt mir der Traum mein tatsächliches Wohnhaus mit einer riesigen Terrasse, die es real gar nicht gibt, um welches „Außerhalb von mir, aber doch zugehörig“ geht es dabei? Oder warum ist mein Traumbadezimmer so ansprechend, dass ich es mir dort laut meiner Traumgeschichte am liebsten zusammen mit anderen Menschen wohnlich machen würde?
Die Beantwortung dieser Fragen führt tief und konkret hin zur Traumbotschaft, wenn man sich damit beschäftigt, so wie Paula, die sich über ihren Traum wunderte und ihn mit mir ergründet hat.
Paulas Gefängnistraum
Paula träumte von einem Flur, den es als solchen real gar nicht gibt:
Ich stehe in einem Gang – wie ein langer Flur -, von dem rechts und links überall Türen abgehen.
Das ist ja ein Gefängnis!
Die Türen sind geschlossen. Am anderen Ende des Ganges – mir gegenüber – ist ein Fenster. Licht scheint herein und taucht den Gang in eine freundliche Helligkeit. Es ist ganz still.
Soweit der Traum. Beim Aufwachen weiß Paula: Das Gefängnis ist gar nicht mehr in Betrieb.
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Am Vortag hatte sich Paula ein Buch über Abhängigkeiten gekauft, weil sie den Klappentext in der Buchhandlung so interessant gefunden hatte, wobei sie an ihre eigenen Lebenserfahrungen mit diesem Thema erinnert wurde. Am Abend hatte sie gleich in dem Buch gelesen. Speziell das Kapitel über Abhängigkeitsbeziehungen und Co-Abhängigkeit interessierte sie. Beim Lesen kamen unangenehme Erinnerungen hoch. Doch andererseits bemerkte sie, dass sie sich kaum selbst noch betroffen fühlte. Eher schien ihr, dass sie sich in Bezug auf dieses Thema inzwischen viel besser kennt, sich möglicher Stolperfallen bewusst ist und diese in realen Situationen gut umschiffen kann.
Wie ein Traumraum einen Entwicklungsstand zeigt
So ist Paulas Traum eine Bestandsaufnahme und ein schönes Zeugnis für einen gelungenen Entwicklungsprozess: Die Türen, die sie früher zu schlimmen Abhängigkeiten, ihr Gefängnis, führten, sind jetzt geschlossen. Belohnt wird Paula mit „Stille“, sie sagt dazu: mit einer wohltuenden inneren Ruhe, sowie mit einem hell erleuchteten Flur – als Symbol für einen bewussteren und klaren Lebensweg. Stolz erkennt sie, dass das frühere Gefängnis der Abhängigkeiten heute keines mehr für sie ist.
Besondere Räume im Traum
Es ist etwas Besonderes, wenn ein Traum mit einem bemerkenswerten Ort beginnt. Da gibt es immer wieder Beispiele, die mitunter skurril sind: eine Träumerin steht mit Gorbatschow „in einem Türrahmen“, ein Träumer befindet sich mit seinem Bruder „in einem Ei“. Hingegen bekam Bernadette auf ihrer Schiffsreise nach Wuhan, auf der sie während eines langen Traumes unterwegs ist, wegweisende Hinweise für Unerledigtes. Ihr Traumraum, aber auch Transportmittel, ist hierbei das Schiff, das sie zu Erlebnissen und Erkenntnissen brachte, die ihre Herzensbeschäftigung betrafen.
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Es macht Spaß, solche Träume in der Tiefe zu ergründen, ihnen auf die Schliche zu kommen und mit dem Träumer die hilfreichen Botschaften herauszuarbeiten. Das unbefriedigende Gefühl, mal wieder wirr geträumt zu haben, weicht der Gewissheit, dass der nächtliche Film einen Sinn hatte und dass es lohnend sein kann, den Traumraum zu erkunden.
Hast auch du Erinnerungen an Räume in deinen Träumen? Hattest du Träume mit ganz besonderen Räumen, die dich zum Schmunzeln oder zum Nachdenken brachten, so dass du sie dir gemerkt hast? Erzähl doch mal, ich bin gespannt.
Herzliche Grüße
Petra Cyganiak
Autorin
Die Traumwerkerin Petra Cyganiak, Diplom-Biologin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, ergründet in „Traumgesprächen“ die Bedeutung von Träumen. So unterstützt sie trauminteressierte Menschen dabei, die tiefgreifenden, hilfreichen und wegweisenden Botschaften der nächtlichen Bilder zu erkennen und als Lebenswegweiser zu nutzen. Den Traumzugang findet sie durch die Traumarbeit nach Ortrud Grön.
Interessierte, die ihre „Innenräume“ erforschen wollen, können die Traumarbeit in einer kleinen Gruppe (Online-Traumstunde) kennenlernen.
Kontakt
Mail [email protected]
Online-Traumstunde https://petra-cyganiak.de/online-traumstunde/
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